Für uns Hundehalter liegt die schmerzhafteste aller Ängste in jener Vorstellung begraben, in der unser Hund für immer geht. Okay, vielleicht betrifft es nicht alle Hundehalter und vielleicht ist es auch nicht die größte aller Ängste. Sicher ist: Wo die Angst ist, da geht es lang! Dieses Kapitel durfte ich aufschlagen, als meine Hündin Phaedra einen Krebstumor hatte. Das hier ist ihre und meine Geschichte.
Eine meiner wichtigsten Mentorinnen fragte mich einmal während unserer Arbeit, was meine größte Angst sei. Ich hatte bis dato noch nie darüber nachgedacht. Eine Hitparade der Ängste in meinem Leben feierte plötzlich Party im Sabrina´schen Hinterstübchen. Jedes Angstgefühl kletterte mal kurz auf die Bühne, sang eine Runde für mich, ging über den Laufsteg – und ich musste erkennen, für wen ich heute leider kein Bild dabei hatte. Meine größte Sorge galt damals Phaedra. In ihrem Hals steckte ein Spindelzellen-Tumor und in meinem eigenen wuchs plötzlich ein Kloß. So dick, dass ich schier daran erstickte.
Die meisten Ängste verschwinden, sobald Du sie siehst
Mit Ängsten ist es so: Die meisten werden klitzeklein und treten ab, wenn sie einmal gesehen werden. Rampenlicht, Scheinwerfer, eine kurze Befragung und schwupps, da wollen sie lieber für immer gehen. Jede Angst wird Dir erleichtert ihre Botschaft in die Hand drücken, sobald Du sie freundlich begrüßt hast und mal nachfragst, was eigentlich mit ihr los ist. Mehr will eine Angst in aller Regel nicht. Ehrlich. Die meisten dieser belastenden Kameraden sind „nur“ da, um zu zeigen, dass Du Dich selbst getäuscht hast und einem Irrglauben gefolgt bist.
Die meisten? Gibt es dann noch andere Ängste? Solche, die man nicht einfach auf die Bühne hebt, damit sie abtreten können?
Manche Ängste sind uralt und schmieren Dir ihre Weisheit auf´s Butterbrot
Es gibt die Ur-Großmutter und den Ur-Großvater aller Ängste. Quasi den Ursprung einer jeden menschlichen Angst. Sogenannte Urängste. Die Urangst ist ein fieser Brocken. Obwohl sie uns, von außen betrachtet, genauso wenig etwas antun kann wie ihre Kinder (die Laufsteg-Kameraden aus Punkt 1), wirkt sie entsetzlich schmerzhaft und mächtig. Zu den Urängsten gehören
- Selbstverleugnung – Die Angst vor Unzulänglichkeit
- Selbstsabotage – Die Angst vor Lebendigkeit
- Märtyrertum – Die Angst vor Wertlosigkeit
- Starrsinn – Die Angst vor Unberechenbarkeit
- Gier – Die Angst vor Mangel
- Hochmut – Die Angst vor Verletzung
- Ungeduld – Die Angst vor Versäumnis
Meine Erfahrung ist: Sobald Du die [amazon_textlink asin=’344221890X‘ text=’7 Urängste des Menschen‘ template=’ProductLink‘ store=’718751189849′ marketplace=’DE‘ link_id=’2e948839-08dd-11e7-92db-637f4b574169′] einmal kennen gelernt hast und (Achtung! Jetzt kommt´s!) um Hilfe bittest, passiert etwas ganz wunderbares in Deinem Leben. Mega befreiend. Du wirst feststellen:
- Keine Ur-Angst auf dieser Welt will Dich beherrschen oder zerstören
- Keine Ur- Angst will Dich bremsen oder von etwas abhalten
- Jede Ur-Angst trägt ihr Gegenteil samt Heilung in sich: Bedingungslose Liebe
Hach, wie schön, oder? Der Bockmist an der Sache ist: Wir Menschen sind es gewohnt, uns von Ängsten beherrschen zu lassen. Unser Gehirn ist evolutionsbedingt darauf geeicht, einer Angst Glauben zu schenken, weil wir sonst sterben. Bewaffneter Feind in Sicht? Lieber verstecken. Oder weg rennen. Oder kämpfen. Oder beschwichtigen.
Das bedeutet: Du bist am Anfang erstmal damit beschäftigt, Dir beim Auftritt einer Ur-Angst nicht in die Hose zu machen und das Weite zu suchen (Flucht). Oder einfach nicht hin zu gucken (Verstecken) oder die Knarre zu ziehen (Kampf). Oder es Dir schön zu reden (Beschwichtigen).
Fuck it! Die Kunst, dem Widerstand den Mittelfinger zu zeigen
Kennst Du sicherlich: Du hast etwas vor. Irgendeine Idee umsetzen. Doch es kommt immer etwas dazwischen oder hindert Dich daran, es zu tun.
Der Drecksack, der Dich daran hindert, ist der innere Widerstand.
Dieser Mistkerl benutzt die mächtigste destruktive Waffe auf diesem Planeten: Angsterzeugen.
Merke: Der Penner namens Widerstand weiß, wie er Dich davon abhalten kann, großartige Dinge zu tun. Er schickt eine Angst nach der anderen. Selbst dann, wenn Du glaubst, Du würdest gar nicht vor einer Angst flüchten oder sie ignorieren, arbeitet der Widerstand noch verkleidet gegen Dich. Er schickt dann so Ablenkungen wie Netflix.
Mein Tipp: Pack den Mittelfinger aus und sag dem Widerstand getrost, dass er Dich mal sonst wo kann.
Das geht so:
Schritt 1: Erlaube Dir, obszön zu sein. Nenne es meinetwegen asozial. Denn das ist die Sprache, die der Widerstand spricht. So versteht er Dich.
Schritt 2: Lese dem Widerstand mit hocherhobenem Mittelfinger laut vor, wofür er Dich ab sofort mal am Allerwertesten lecken kann. Beispiel:
„Ich muss erst noch XY fertig machen, bevor ich mit (setze hier das ein, was Du unbedingt tun willst) beginnen kann.“
„Ich bin zu müde, um jetzt (setze hier das ein, was Du unbedingt tun willst) zu machen.“
„Es sind gerade nicht die richtigen Leute da, um (setze hier das ein, was Du unbedingt tun willst) umzusetzen.“
„Es ist noch nicht der ideale Zeitpunkt, um (setze hier das ein, was Du unbedingt tun willst) zu Ende zu bringen.“
Schritt 3: Zieh Deine Hose/Rock runter, streck dem Widerstand den nackten Hintern entgegen und mach das, was Du von ganzem Herzen tun willst!
Es ist heute 4 Jahre her, seit mir meine Mentorin S. die Frage gestellt hat: „Was ist Deine größte Angst?“
Heute weiß ich, dass es 7 Ängste sind, die immer wieder Kinder kriegen. Immer wieder hebe ich sie auf die Bühne, befrage sie, lasse sie abtreten. Immer wieder erkenne ich, wer ihre Urgroßeltern sind und erlaube ihnen, mir ihre Weisheit zu überbringen, damit ich wachsen kann.
Immer wieder funkt der Widerstand dazwischen, wenn ich einen Herzenswunsch umsetzen will. Immer wieder erfindet er neue Serien auf Netflix. Immer wieder schreiben die Autoren von Game of Thrones neue Episoden. Jeden Tag wache ich aufs Neue auf und er steht schon an meinem Bett, um mir zuzuflüstern, dass ich keinen Bock auf Büroarbeit habe. Sagt mir, dass es doch schöner wäre, meinen Pinsel in Farbe zu tauchen, in die Tasten zu hauen, mit meinem Hund nach draußen zu gehen, den Wind und die Wolken zu umarmen, voll schräg Gitarre zu klimpern und noch schräger Klavier zu spielen. Die Segel zu setzen und abzuhauen vor allem, auf das ich keine Lust habe.
Und weil ich meinen Tag nicht mit erhobenem Mittelfinger beginnen will, gucke ich lieber am Widerstand vorbei – hin zu meinem schlafenden Hundemädchen. Das macht mein Herz auf und ich kann lächelnd den Tag beginnen. Da sind Phaedra und ich uns einig: Das Leben hat eine Chance verdient, uns glücklich zu machen. Jedem Widerstand zur Mahnung.
Den Tumor haben wir übrigens genauso verabschiedet wie meine Angst vor Abschied, Loslassen und Veränderung. Das war die Erkenntnis, die dahinter steckte und der Beginn einer Verbundenheit zwischen mir und meinem Hundetier, die ich nie wieder missen möchte. Ich wünsche wirklich jedem Hundehalter, eines Tages zu erkennen, was zwischen den Zeilen im Leben mit Hund geschrieben steht. Das hebt nicht nur die Verbundenheit mit unseren Vierbeinern auf eine Ebene, die unendlich kostbar ist – es heilt sogar vieles, von dem wir glaubten, es sei nie wieder heile zu kriegen.
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